Übersetzung der in Latein verfaßten Urkunde von 1122
Im Namen der heiligen und unverteilten Dreifaltigkeit
Otto, durch Gottes Milde der achte Bischoff der heiligen Bamberger Kirche. Wenn wir die Not der Kirchen Gottes durch die Wohltat frommer Freigebigkeit zu lindern suchen, so sind wir darin Nachahmer unserer Vorfahren und können auf dem ewigen Lohn Gottes hoffen.
Aus diesem Grunde wisse sowohl die gegenwärtige Generation wie die Nachkommenschaft aller Getreuen Christi, daß wir die in Gestingshusen gelegenen Güter, die wir von Gerwig von Wildberg und seinem Bruder Konrad für 180 Talente gekauft haben, zum Altar des heiligen Michael im Bamberger Kloster zum Heile unserer Seele durch die Hand des Grafen Gotebold geschenkt haben. In dieser Schenkung soll kein Nutzungsvorbehalt sein, sondern der Abt und seine Brüder mögen das Gut vollständig und unversehrt halten, innehaben und besitzen mit Äckern, Gebäuden, Kirchen, Wäldern, Weiden, bebautem und unbebautem Land, Gewässern und Wasserläufen, Fischereien, Mühlen und Mühlenwerken, Mobilien und Immobilien und mit allem Nutzen, der in irgendwelcher Weise daraus entspringen könnte.
Aber die Vogtei über diese Güter haben wir dem Grafen Sterker übertragen, und zwar unter der Bedingung, daß er sie selbst, ohne Untervogt, verwaltet und einmal im Jahr zwischen den Festen St. Michael und St. Martin einen Gerichtstag mit den Hintersassen abhält, doch nur jene Angelegenheiten, die zum gesetzmäßigen Recht der Vogtei gehören. Und dabei kann er als Dienstleistung verlangen: zwei Schweine, die man im Volksmund "Schüblinge" nennt, ein "zeitig Schwein" und ein Ferkel, vier Scheffel Weizen für Brot und zehn Scheffel Hafer für Futter, ein halbes Fuder Bier und einen Eimer Met. Ungerechte Erhebungen oder Forderungen aber, mit welchem die Vögte gegen Recht und Herkommen die Hintersassen zu beschweren Pflegen, soll er gänzlich unterlassen. Keinem Menschen ist es also erlaubt, dieses Kloster zu stören, ihm entweder die genannten Güter zu entziehen oder die entzogenen zu behalten, zu mindern und mit frevelhaften Belästigungen heimzusuchen, sondern alles unversehrt zum Gebrauch derer nützlich erhalten bleiben, für den Unterhalt es bestimmt wurde. Wenn also eine Person gegen diesen unseren Vertragsbrief wissentliche zu freveln versuchen würde und nach zweiter oder dritter Mahnung nicht eine entsprechende Genugtuung leistet, würde sie wegen des begangenen Unrechts angeklagt vor dem göttlichen Gericht stehen, vom Reich Christi ausgeschlossen werden und beim jüngsten Gericht einer schweren Strafe verfallen.
Und damit das in alle Zeit unverletzt bleibe, haben wir die Urkunde darüber schreiben lassen und sie mit den Aufdruck unseres Siegels bekräftigt.
Geschehen im Jahr nach Christi Geburt 1122, in der 15. Indiktion, unter der Regierung des römischen Kaisers Heinrich IV (Ausfertigung der Urkunde, Anm. d. Verfassers)
Zeugen:
Graf Reginboto, Graf Ratpoto, Tiemo von Calwinberch, Dietpreth von Altolveshusen, Arnolt von Chunstat und sein Bruder Wirnt, Otogoz, Billunc, Gundeloch, Pippin Brüder, Eberhart von Wikkerinstein, Bliker, Graf Sterker, Sterker von Muotichindorf (Muggendorf, Anm. d. Verfassers) u.v.a.
Eine andere Urkunde aus dem Jahr 1124
In der II. Indictio bestimmt Bischoff Otto die Leistungen der Colonen auf den Gütern in Gestingishusen, welche er von Gerwic von Wiltperc um 180 Talente erkaufte und die Kämmerei der Brüder des heiligen Michael geschenkt hat. Sie hatten bisher ihre Zinsschuld mit Denaten schwerer Würzburger Münze bezahlt. Auf Bitten der Bauern genehmigt er ihnen in Gegenwart des Grafen Sterker, des Vogtes jener Güter, ihren Zins in der Münze zu zahlen, welche am Zahltag in Bamberg im Gange ist. Außerdem beschwerten sich die Bauern, daß sie von den Verwaltern des Kämmerers um das Fest des heiligen Michael wegen der Leistung zur gewohnten Bitte zu sehr vexirt würden. Deshalb wurde vereinbart, daß jede Sölde 2 Hennen und 2 Käse, das Lehen eine Henne und einen Käs, die einfache Herdstelle eine Henne oder einen Käse zum Feste des heiligen Michael für den Dienst des Kämmerers gibt. Auch war festgesetzt, daß der Vogt jährlich vom Zins der Brüder ein Talent für neun Unzen erhalte, übrigens der Herrenhof der Brüder von jeder Leistung für ihn und seine Untergebenen exempt sei.
Zeugen:
Graf Reginboto, Tiemo von Calwinberch, Diepret von Altolviskusin, Arnold von Chunstad und sein Bruder Wirnt, Okoz, Billunc, Gundiloc, Pippin Brüder u.m.a.
Was bekam nun Graf Sterker als Vogt von Gestingshusen ?
Er soll zu seinem Dienst verlangen: zwei Scheine, welche man gewöhnlich für bar nennt und einen Läufer und ein Ferkel und vier Scheffel Weizen zu Brot und zehn Scheffel Hafer zu Futter und eine halbe Fuhr Bier mit einem Eimer Met.
Ungerechte Forderungen soll er keine machen.
Bei Rainer Braun heißt es: Zur Ausstattung des Gutes gehört auch eine Kirche, die noch im 15. Jh. als klösterliche Kirche im Pfarrverzeichnis genannt wird. In der Abschrift der Urkunde über den Kauf der predia Gestineshusen ist irrtümlich ein falsches Datum eingesetzt worden; statt 1107 muß es 1122 lauten.
Anmerkungen zu den Urkunden:
Talente = Geld, 180 Talente waren nach Krodel (1933) 300-500.000 Mark
Advokatie = Vogtei
Denar = Geld; 240 den. = 1 Pfund = 20 Schillinge (367,2 Gramm)
vexirt = getäuscht, hintergangen, über's Ohr gehauen
Sölde = Lehngut = kleines Gut, von dem man nicht leben kann
Unze = Gewicht und Geld, 1 Pfund (kölnisch) = 12 Unzen (gewogenes Geld)
exampt = brauchen keine Abgaben zu leisten
Scheffel = 16 Metzen = 54,962 Liter
Fuder = 1000 Liter Wein
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